Was geschah…

Am gefühlt heißesten Tag des Jahres fand das Kick-off des Stadtlabors unterwegs im Gallus statt. In dem schattig-kühlen Supermarkt an der Idsteiner Straße 91, neben dem Mehrgenerationenhaus, teilten 23 Menschen ihre Perspektive auf das Gallus. Die neuen Stadtlaborantinnen und Stadtlaboranten brachten eine bunte Vielzahl an Ideen mit, welche Geschichten zum Gallus in einer Ausstellung erzählt werden können. Ganz klar, dass Gallus ist für verschiedene Menschen – neue oder alte – Heimat und ein geschätzter Ort, der vielfältig und kontrovers ist. Neben einem Schutzraum für Neuankömmlinge ist es für Andere eine „versteckte Perle“ im Frankfurter Stadtraum, die kreative Freiräume bietet. Mit der World-Café Methode wurden Gedanken und Visionen zum Gallus gesammelt, um einem gemeinsamen Ausstellungsthema näher zu kommen. Einen Überblick gibt es hier:

      World Café - Stadtlabor unterwegs im Gallus  World-Café - Stadtlabor unterwegs im Gallus

Was wollten Sie über das Gallus schon immer mal erzählen?

Den Wandel des Gallus vom Industrieviertel bis heute: Früher war es das „Kamerun“, in den 70er/80er Jahren wurde es zu einem ruhigen Viertel mit vielen Ateliers, heute ist es ein Viertel, in dem Menschen aus allen Kontinenten leben. Geschichten über die Schuhfabriken, den Sport, Zwangsarbeit und Faschismus, über den ersten Frankfurter Flughafen, die Hellerhof-Siedlungen und die Veränderungen in der Lahnstraße sowie über die Orte des heutigen Gallus, die von verschiedenen Generationen gemeinsam genutzt werden.

Was macht das Gallus für Sie aus?

Das Gallus ist ein Ort, der Heimat und Familie bedeutet und von vielfältigen Lebensweisen geprägt ist. Es ist ein Stadtteil mit einer eigenen urbanen Ausdrucksform, die sich durch Offenheit, Gastfreundschaft, Toleranz, Kinderfreundlichkeit und direkte Kommunikation auszeichnet. Das Gallus lebt von/zwischen Spannungsfeldern und Kontrasten sowie durch das Entstehen von neuen internationalen Gemeinschaften und künstlerischen Räumen.

Wie ist das Gallus im Jahr 2025?

Die positiven Visionen über die Zukunft des Gallus:

Das Gallus wird mit den Jahren ein blühender Stadtteil und ein internationales Zentrum der Kreativität und Kunst sein, das Freiräume schafft und bewahrt. Die lokale Gastronomie floriert und es werden neue Formen der Arbeit gefunden, die den sozialen und wirtschaftlichen Zusammenhalt im Gallus stärken. Chancengleichheit entwickelt sich und Kultur, Bildung und alle Schulsysteme sind für jeden Menschen zugänglich. Gemeinschaftsgärten und Freizeiträume für Jung und Alt verhelfen zu einer optimalen Vernetzung.

Die Befürchtungen die das Gallus in der Zukunft betreffen:

Die Gentrifizierung verschluckt das Gallus, indem die Nachverdichtung zunimmt und Leerstände durch Büroneubauten ersetzt werden. Es kommt zum Verlust von Freiräumen, zur Verdrängung der Bevölkerung und ihrer Kreativität. Sozialwohnungen werden abgerissen, es gibt keinen Raum mehr für Asylsuchende, denn die Wirtschaft und internationale Investoren beherrschen das Viertel. Die Schere zwischen Arm und Reich geht noch weiter auseinander.

Welche Gemeinschaften gibt es/sollte es geben?

Die Frage und der Wunsch nach Gemeinschaften im Gallus bestehen. Es gibt bereits verschiedenste Einrichtungen und Orte und Treffpunkte. Beispielsweise am Weinstand auf dem Wochenmarkt oder im Günes Theater, das ein Treffpunkt für Jugendliche sowie Kunst- und Musikinteressierte ist. Ebenso das SIKS, das mit seinen Barabenden und kulturellen Events Raum für Begegnungen bietet oder das Mehrgenerationenhaus, das für verschiedenste Migrantenselbstorganisationen eine Plattform ist. Der Wunsch nach mehr Gemeinschaft bleibt. So fehlt beispielsweise noch ein Reparatur- oder Tauschzentrum, in dem gemeinsam gewerkelt und mit gegenseitiger Unterstützung gearbeitet werden kann (Zeit Bank!) oder ein Sprachzentrum mit festen und offenen Kursen, indem es ein Café gibt, wo Integration und Tandemprojekte stattfinden können.

Zeichnen Sie Ihr Gallus

Das Gallus ist Heimat für viele verschiedene Menschen und zeigt erst auf den zweiten Blick seine Schönheit – „die versteckte Perle“. Es bildet einen Schutzschirm über Menschen die hierher geflüchtet sind und verschiedenen Religionen angehören. Die Architektur ist signifikant und steht als bewohntes Zeitdokument für den Wandel der Wohnformen durch die Jahrzehnte. Die Straßenbahnlinien 11 und 12 ziehen sich wie eine Lebensader durch den Stadtteil und verbinden ihn mit dem Rest der Stadt. Der Europapark bietet noch einen freien Blick auf die Frankfurter Skyline, dies wird als wunderschön wahrgenommen.

Zeichne dein Gallus - Stadtlabor unterwegs im Gallus

Was ging Ihnen bei der Vorstellungsrunde durch den Kopf?

Die Vorstellungsrunde des Stadtlabors unterwegs im Gallus regt an, sich einzumischen und den Spuren im Gallus zu folgen. Es entstehen Fragen: Ob sich das Gallus selbst ausstellt? Ob es ausgestellt wird und von wem? Welche Blickwinkel gibt es im Gallus? Wie wird es aus Kindersicht wahrgenommen, wie von den neuen Bewohner/innen oder von den kreativen Köpfen im Gallus?

Das Gallus wird als ein Ort erlebt, der von vielfältigen Achsen (Sprachen, Kunst, Kulturen, Religionen, Schriften, Graffitis, Vereinen, Verkehrs-Infrastruktur usw.) durchschnitten und geprägt ist. Über Generationen werden von Jugendlichen dieselben Plätze besetzt. Zu den Anwesenden wird bemerkt, dass Menschen aus mehreren Bezirken des Gallus vertreten sind und trotzdem Viele fehlen, die noch teilnehmen sollten – vor allem mehr Anwohner/innen des Gallus.

 Zusammenfassung der diskutierten Arbeitsthemen           

Aus den Präsentationen und der daraus resultierenden Themensammlung ließen sich drei große Themen herausfiltern:

  1. Vielfalt

Hier wurde festgestellt, dass Vielfalt im Gallus selbstverständlich. Die Assoziation des Gallus mit „Vielfalt“ macht das Thema zu einem Allgemeinplatz und soll daher nicht eigens in der Ausstellung thematisiert werden, auch, um keine Stereotypen zu reproduzieren. „Vielfalt“ soll eher den Charakter der Ausstellung ausmachen.

  1. Räume: Ihre Bedeutung und Nutzung

Über die Bedeutung des Begriffs „Raum“ wurde länger diskutiert. Vielen erscheint der Begriff zu eng gefasst, v.a. wenn er sich auf konkrete Räume bezieht. Andere verstehen ihn als abstrakte Größe, so wird im Gallus darum gerungen, wem welche Räume gehören und wer sich wo aufhalten darf: Orte für Jugendliche? Räume der Kindheit? Begegnungsräume?

  1. Spuren und Schichten

Dieses Thema bietet viele Anknüpfungspunkte: Das Gallus ist durchzogen von verschiedenen Spuren und Schichten. Dies sind sowohl die Verkehrswege, die das Viertel durchschneiden als auch Lebensspuren und Spuren der Geschichte oder soziale Schichten. Diese Spuren und Schichten bilden eine Art unsichtbares Netz, das den Stadtteil bis in die Gegenwart durchzieht.

Themenliste Kick-Off Themensammlung - Stadtlabor unterwegs im GallusAusblick:

Die Suche nach einem Ausstellungsthema wird am 27. September fortgeführt: An diesem nächsten Workshop-Termin präsentieren alle Projekt-Beteiligten ihre Ideen für einen Ausstellungsbeitrag. Aber auch alle Menschen, die noch mitmachen möchten, sind hier herzlich eingeladen, ihre Sicht und Ideen auf das Gallus zu teilen! Auf dieser Grundlage wird dann nochmals die Frage nach dem gemeinsamen Ausstellungsthema aufgenommen.